Hinter den Kulissen

#HosemannsPapierkorb (3)

Jürgen Hosemann ist Lektor. Am Ende des Tages landen seine Notizen über Lesen, Schreiben und alles, was dazugehört, in seinem Papierkorb – wo wir sie aber nur zu gern wieder herausfischen. Auf Twitter unter #HosemannsPapierkorb ganz aktuell, hier schön beisammen.

Schreib’s auf, schreib’s unbedingt auf, ich werd’s eh nicht lesen!

 

Joint editing: endlich Texte schnell und effizient gemeinsam verschlechtern.

 

»Das Schreiben bietet die beste Möglichkeit, sich der eigenen Dummheit zu vergewissern«, schreibt Roger Willemsen in ›Der Knacks‹.  Aber auch die Lektüre von ›Der Knacks‹ bietet hierzu eine schöne Gelegenheit.

 

Kinderleicht Texte erstellen mit dem Textomix – gelingt immer.

 

Der Text, den ich geschrieben habe, besteht aus den Wörtern und Sätzen, die ich gefunden habe. Der Text, den ich schreiben wollte, hätte aus den nicht gefundenen Wörtern und Sätzen bestanden.

 

Lösch das Licht, Liebe, wenn ich beim Lesen eingeschlafen bin ... Nicht vorher. 

 

Er hat sich eine Geschichte ausgedacht, in der die Ich-Erzählerin offenbar von einem überdimensionalen Küchengerät verfolgt wird. Und zwar »durch ganz Europa und Mexiko«. Ich sage: Schöner Stoff, aber da würde jetzt trotzdem alles davon abhängen, dafür eine Sprache zu finden. 

 

Wir müssen endlich verstehen, dass die ungeschriebenen Bücher ungeschrieben bleiben wollen.

 

Ende Juli mal eben schnell ein paar Klassiker gelesen: »Die Geheimnisse des jungen Werther«, »Randale und Liebe«, »Die Auszeichnungen des Malte Laurids Brigge«.

 

Wer kommt dir in der Einbahnstraße deines Satzes entgegen? Der Leser? Du selbst?

 

Ich kann mich nicht entscheiden, ob mein Roman mit dem Satz »Schon am Morgen war heute aller Tage Abend« oder mit »Martina blickte auf und gleich wieder runter« anfangen soll.

 

Wenn ich dieses Buch nicht schlecht finde, wird es vielleicht sonst niemand tun.

 

Der gute Vorleser blickt beim Vorlesen von Zeit zu Zeit auf. Um zu sehen, ob seine Zuhörer noch da sind. 

 

Elias Canetti, gestorben am 14. August 1994: »Die Ströme der Dichtung fließen überall und sie müssen nicht ineinander münden.« Der Canettistrom mündete – in sich selbst.

 

Mein Text war absolut meiner Meinung, sonst aber niemand. 

 

Es ist alles viel schneller durchgestrichen als gemacht, ein Text, eine Liebe, ein Leben.

 

Aus der Verlagswerbung: »Dieser Roman ist Honig fürs Herz, Futter für den Kopf und Balsam für die Seele.« Und alles für die Füße. 

 

Versuchen Sie es einmal: Wenn Sie ein Buch schnell genug zuklappen, können Sie, etwas Übung vorausgesetzt, bald damit Mücken fangen.

 

Ich will keine Rechtschreibfehler haben in meiner Todesanzeige.

 

 

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Jürgen Hosemann

Jürgen Hosemann, geboren 1967, arbeitet nach einer Ausbildung zum Verlagskaufmann und einem Studium der Germanistik als Lektor für den S. Fischer Verlag in Frankfurt am Main. Er ist Herausgeber zahlreicher Anthologien, Mitherausgeber der Werke Wolfgang Hilbigs sowie Autor von »Das Meer am 31. August« und »Papierkorb«.